6. Partnerschaften und frühe Hits
Psygnosis erkannte früh, dass der Schlüssel zu regelmäßigen Qualitätsproduktionen in der Zusammenarbeit mit talentierten, unabhängigen Entwicklerteams lag. So konnte das Studio als Publisher und Mentor agieren - es bot Finanzierung, Marketing und Know-how, während leidenschaftliche Teams unter dem Schutz der Eule ihre Visionen verwirklichen konnten. Diese Strategie führte zu mehreren wichtigen Partnerschaften.
Etwa 1987 klopfte eine Gruppe junger Enthusiasten aus Schottland bei Psygnosis an. David Jones, Russell Kay, Steve Hammond und Mike Dailly - vier Freunde aus einem Computerclub in Dundee - gründeten ein kleines Studio namens DMA Design. Jones arbeitete gerade an seinem ersten Amiga-Spiel, einem Shoot 'em up im Stil von Konami-Spielhallenhits. Das Projekt hieß intern CopperCon1 und suchte einen Publisher. Die jungen Entwickler klopften an viele Türen: Firma Hewson bot an, das Spiel zu einem Nachfolger ihres eigenen Titels (Zynaps) umzubauen, aber Jones wollte seine Vision behalten. Schließlich landete das Team bei Psygnosis - ein Volltreffer. Hetherington und Co. erkannten das Potenzial des Prototyps und unterzeichneten einen Vertrag. Das Team musste nur noch den Namen ändern - Acme war bereits markenrechtlich vergeben. Man einigte sich auf das mysteriöse Kürzel DMA - wahlweise als Direct Memory Access oder ironisch: Doesn't Mean Anything.
So wurde Psygnosis der Publisher von DMAs erstem Spiel - Menace (1988). Ein dynamischer Weltraum-Shooter, der zwar kein Klassiker wurde, aber ordentliche Bewertungen erhielt (rund 75 %) und die Qualität von Arcade-Grafik auf die Amiga brachte. Für DMA und Psygnosis war es ein wichtiger Schritt. Mike Dailly erinnerte sich später: „Ich war gerade aus dem College geflogen und wusste nicht weiter - und plötzlich hatte ich meinen Traumjob! Meine Mutter schüttelte den Kopf - ‘Das ist doch diese Schlafzimmerbranche!' -, aber ich war im Himmel.“ Dank Psygnosis' Unterstützung konnten sich die jungen Entwickler bessere Hardware leisten - eine Amiga mit PC-Karte für schnellere Compilierung - und begannen sofort mit dem nächsten Projekt.
Dieses Projekt war Blood Money (1989) - ein nochmals aufwendigerer Shooter von DMA Design. Vier unterschiedliche Welten (unter Wasser, Eis, Weltraum etc.), jeweils mit eigenem Fahrzeug, vermittelten das Gefühl von vier Spielen in einem. Das Magazin CVG lobte Grafik und Sound: „Ein verdammt guter Shooter … definitiv einer der besten seiner Art auf dem Amiga.“ Der Soundtrack von Ray Norrish, insbesondere das Titelthema, zählt bis heute zu den besten Amiga-Stücken. Der kommerzielle Durchbruch blieb zwar noch aus, aber die Beziehung zwischen DMA und Psygnosis war gefestigt. Bald würde DMA sich revanchieren - mit einem Projekt, das beide Studios in die Geschichtsbücher katapultierte.
Gleichzeitig begann Psygnosis die Zusammenarbeit mit einem anderen vielversprechenden Team - Reflections aus Newcastle. Gegründet von Martin Edmondson, einem jungen Programmierer mit Begeisterung für die technischen Möglichkeiten der Amiga, spezialisierte sich Reflections auf visuell eindrucksvolle Actionspiele. 1988 stellte Edmondson in Liverpool zwei Projekte vor: das fertige Ballistix (eine Mischung aus Pinball und Sportspiel) und ein frühes Demo eines vielversprechenden Spiels - Arbeitstitel: Shadow of the Beast. Psygnosis erkannte sofort das Potenzial und unterzeichnete einen Vertrag mit Reflections. Ballistix erschien noch 1989, war kein Blockbuster, verkaufte sich aber ordentlich (ca. 76 % in Reviews). Doch das echte Feuerwerk sollte mit dem zweiten Titel gezündet werden.
Martin Edmondsons Ziel war es, zu zeigen, was die 16-Bit-Hardware wirklich leisten konnte. Er las sich in die Hardware-Handbücher der Amiga ein - insbesondere zu Techniken wie Parallax-Scrolling. Sein Plan: ein Spiel erschaffen, das grafisch überwältigt, selbst wenn das zulasten anderer Aspekte geht. So entstand Shadow of the Beast (1989) - mit mehreren sich unabhängig bewegenden Hintergrundebenen, riesigen flüssig animierten Sprites, über einem Dutzend Scrolling-Schichten - alles in voller Geschwindigkeit auf einer Standard-Amiga. Der Soundtrack von David Whittaker war ebenfalls herausragend - melodisch, atmosphärisch, ideal für die düstere Fantasywelt.
Psygnosis wusste, dass es hier etwas Besonderes hatte. Shadow of the Beast erschien in einer luxuriösen Box mit einem weiteren spektakulären Cover von Roger Dean - fantastische Kreaturen vor surrealer Landschaft. Das Spiel kostete stolze 35 Pfund - ein hoher Preis für die Zeit - aber es wurde ein T-Shirt mitgeliefert. Dieses riskante Marketingmanöver zahlte sich aus: Beast wurde zu einem Prestigeobjekt für Amiga-Besitzer. Viele kauften es, um zu zeigen, was ihre Maschine konnte.
War das Spiel wirklich gut? Die Meinungen waren geteilt. Zzap! vergab 83 % und lobte: „Sehr hübsch, verdammt schwer und sehr teuer.“ Kritiker bemängelten die oberflächliche Spieltiefe - Laufen, Kämpfen, schöne Kulissen. „Nur Schein, kein Sein“, hieß es. Dennoch verkaufte sich Beast hervorragend - weit über Erwartungen. Für viele Amiga-Besitzer war es ein Muss. Der Erfolg war so groß, dass ein Nachfolger sofort in Auftrag gegeben wurde.
Reflections legte sofort los: Shadow of the Beast II erschien 1990. Man reagierte auf Kritik: mehr Gameplay, Rätsel, nicht-lineare Levels - dafür etwas abgespeckte Grafik (weniger Scrolling-Ebenen, weniger Farben). Die Resonanz war gut: Magazine vergaben über 80 %, lobten die Verbesserungen. Andere bemängelten weiterhin Schwächen - z. B. CVG mit nur 59 %. Trotzdem verkaufte sich das Spiel gut - es war Teil populärer Amiga-Bundles (z. B. Screen Gems) und erreichte tausende Spieler.
Teil drei - Shadow of the Beast III - erschien 1992 und beendete die Trilogie. Es war spielerisch am ausgereiftesten, erhielt gute Bewertungen (80-90 %), verkaufte sich aber schlechter. Der Markt hatte sich verändert, und das Image der Serie als „schön, aber langweilig“ schadete. Dennoch bewiesen Edmondson und sein Team ihr Können - und Reflections sollte bald eine noch wichtigere Rolle spielen.
Durch die Partnerschaften mit DMA und Reflections wurde Psygnosis Ende der 80er und Anfang der 90er zur echten Macht der 16-Bit-Ära. Ihre Spiele waren nicht immer Höchstwertungen - aber jedes Spiel mit der Eule war ein Ereignis. Psygnosis war bekannt als Schmiede audiovisueller Meisterwerke. Und der kommerzielle Durchbruch stand kurz bevor - mit kleinen, grünhaarigen Kreaturen, die die Welt der Denkspiele für immer verändern sollten …